Alter Teil der Bodega Florio |
[Es geht in der Chronologie ein wenig durcheinander, das Folgende ist ein Ausflug von Mendoza aus; über Mendoza selber berichten wir dieser Tage]
Ein organisierter Ausflug
[Hola españoles, para vosotros es el blog anterior sobre San Luis]
Grade zeigt mir Gabriel eine
Einkaufstasche, auf der das Motto von Mendoza erscheint: Mendoza –
internationale Hauptstadt des Weins. Und ihr Trottel in Bordeaux oder in der Rioja habt gedacht, ihr wärt der Nabel der Welt! :-)
Von Mendoza aus kann man organisierte
Touren zu den Weingütern der Umgebung machen. Sowas mögen wir ja
eigentlich nicht, aber ein Glück, dass wir uns diesmal darauf
eingelassen haben. In den Orten Maipu und Godoy Cruz, jeweils keine
20 km von Mendoza entfernt, befindet sich eine große Zahl solcher
Bodegas. Aber verblüffenderweise fahren wir dann mit dem kleinen
Bus, der an 10 Hotels in Mendoza etwa 20 gestrandete Touris
eingesammelt hat (die alle nicht wissen, was sie mit ihrem 31.12.
anfangen sollen, an dem sonst alles geschlossen ist), an sehr viel
industriellem Schrott vorbei. Aufgelassene Fabriken, verlassene
Bodegas, alte Wein- und Olivenpflanzungen, die vernachlässigt sind …
überhaupt kein netter Anblick für eine Gegend, die sich fuer die
Weinhauptstadt der Welt hält. Allein in der Provinz Mendoza gibt es
nämlich an die 1000 Bodegas (937, um exakt zu sein, wir haben einen
sehr päzisen Reiseleiter). Ganz Argentinien hat – das weiß
Wikipedia, nicht der Reiseleiter – gut 220.000 ha Weinbauflächen,
mehr als doppelt so viel wie Deutschland; weltweit ist das der 5.
Rang nach Italien, Frankreich, Spanien und USA (und vor Chile).
Die einzelnen Bodegas und was es so
dazwischen an Gebäuden, Privathäusern oder Anbauflächen gibt,
liegen sehr weit auseinander, teils an unbefestigten Feldwegen, die
von der Autobahn abzweigen. Hätten wir uns nicht diesem Ausflug
angeschlossen, sondern wären auf eigene Faust mit dem Bus nach Maipu
gefahren (wie ich mir das ursprünglich überlegt hatte), wir wären
viele Kilometer in Hitze und Staub marschiert, um irgendwo
hinzugelangen.
Auf der Fahrt werden uns älteste und
neueste, größte und kleinste Bodegas gezeigt, ein nicht mehr in
Betrieb befindliches „Vinodukt“, das ein paar Straßen lang von
der einen Installation einer Bodega zu der anderen führt, ganz junge
Anbauflächen, die Hyper-Villa eines neuen Weinbarons, die demnächst
mit Hotel und Casino eröffnet wird, aber auch richtig schöne Villen
alter Weinbarone. Vieles gelingt uns nicht zu fotografieren, das ist
der Nachteil mit dem Bus, auch die beeindruckende Kette der Anden,
die wir von der Stadt aus nicht sehen, die hier aber mächtig und
präsent ist – es geht von der platten Ebene auf ca. 800 m Höhe
ziemlich schnell rauf auf mehr als 6000 m -, lässt sich aus dem
fahrenden Bus nicht einfangen, aber der Tag ist auch diesig, es
herrscht eine drückende Hitze, so dass man zwischen Wolken und Dunst
und Bergen und Schneegipfeln kaum unterscheiden kann.
Die besten hiesigen Rotweine werden aus der Malbec-Traube gewonnen |
Auf der Fahrt nach Maipu, aber auch
schon als wir vor 3 Tagen nach Mendoza kamen, sah man auf den letzten
100 km die riesigen Weinanbauflächen. Alles brettleben und bis zum
Horizont Wein. Das war schon in Chile so und ist hier genauso. Nix
mit kleinen Flächen an schnuckligen Flussufern oder so … Das Land
rundum ist fast Wüste, es regnet kaum, aber von den Bergen kommt
Wasser runter. Das wird in große Kanalsysteme geleitet, und damit
werden die Felder bewässert. Die Stadt übrigens auch. In allen
Straßen von Mendoza verlaufen am beiden Seiten Bewässerungsgräben,
aus denen auch die Straßenbäume ihr Wasser ziehen – ganz Mendoza
ist grün, jede Straße eine schattenspendende Allee.
Bewässerungsgräben am Straßenrand in Mendoza |
Unsere erste Besichtigung ist bei der
Kellerei López, einer der ältesten der Gegend, die schon seit 1898
existiert und wo uns alles freundlich und umfassend gezeigt wird.
Eiche aus Nancy |
Die
riesigen Eichenfässer (das größte fasst 330 Hektoliter) sind
beeindruckend (alles französische Eiche!), man produziert auf
Weltniveau. Zur Bodega gehören 1100 ha Anbaufläche, ich weiß
nicht, ob das besonders viel ist, aber jedenfalls reicht es, um diese
sehr große Kellerei proper und am Leben zu halten. Pro ha werden
rund 10.000 kg Trauben produziert, und aus 2 kg werden etwa 1 Liter
Wein, was nach Adam Riese eine Gesamtproduktion von 5,5 Mio. l Wein
ergeben müsste.
Bei López ist alles vollautomatisch und hochmodern |
Eine andere Bodega mit hyper-modernem
Aussenanblick gehört den Jungs von der chilenischen „Concha y
Toro“, der größten Wein“fabrik“ Chiles, aber die wiederum
gehören eigentlich der spanischen „Torres“.
Unsere Mitreisenden machen genauso
viele Fotos wie wir, der Unterschied ist, dass sie selber auf jedem
Foto drauf sind, immer im Vordergrund, mit einem amerikanische
Zahnpastareklame-Lächeln und einer Model-Haltung.
Eine weitere Bodega, die wir
besichtigen, sieht ganz anders aus. Bei Florio produziert man
Süßweine. Keine Eichenfässer, alles ist klinisch rein. Gesüsst
wird nur mit eingedampftem Traubenmost, und hergestellt wird alles
Mögliche, vom spanischen Malaga und Sherry über den italienischen
Moskatell bis hin zum portugiesischen Portwein. In der neuen Welt ist
man da nicht so zimperlich mit regionalen Herkunftsbezeichnungen und
anderen in Europa geltenden Marktregulierungen. Doch als wir einige
dieser Süßweine probieren, muss ich zugeben, dass sie gut sind.
Nicht zu süß, mit feinen Aromen. Schon bei Lopez, wo die Weinprobe
nur 2 Weine umfasste und nicht wirklich überzeugend war, hatten
unsere Mitreisenden kistenweise eingekauft (was die venezolanische
Familie wohl mit 5 Kisten Wein machen wird? Na ja, trinken vermutlich!). Hier schlagen sie wieder alle zu, das Kalkül der
Touranbieter geht voll auf, alle sind zufrieden, der Reiseleiter
bekommt auch ein Fläschchen geschenkt.
Echter Portwein aus Maipu |
Schließlich besichtigen wir auch noch
eine Ölmühle. Wikipedia berichtet, dass Argentinien als einziges
Land jenseits des Mittelmeers unter den ersten 15 Olivenölproduzenten
der Welt einen Platz hat, aber mit seinem 13. Rang und irgendwas um
die 16.000 t Produktion fällt es gegenüber der Weltproduktion von
ca. 3 Mio. t (von denen 40% auf Spanien entfallen) nicht wirklich ins
Gewicht. Aber es reicht dafür, dass wir hier mit einer kleinen
Flasche Olivenöl im Gepäck (neben dem Balsamico und einer
Plastik-Salatschüssel!) reisen können, um überall unsere Salate zu
machen.
Die Firma, die wir besuchen, ist recht
klein, es werden Olivenöl und Trockenfrüchte hergestellt. Der
Firmenname ist PASRAI, sehr originell, man hat das spanische und das
englische Wort für Rosinen kombiniert: pasas bzw. raisins ...
Traditionelle Mühlsteine zermahlen die Oliven inkl. Steine zu einer Paste |
Die Ölmühle ist nett, mit einem
Mühlenmechanismus, der mit großen Granitsteinen sehr an jene
erinnert, die man aus entsprechenden Museen in Griechenland oder
Spanien kennt. Auch der Pressvorgang erinnert sehr an die
traditionellen Verfahren. Zwar sind es nicht mehr Korbringe, in die
die gemahlene Matsche gefüllt wird, sondern eine Art Metall-Korb,
aber dann kommen genau wie früher viele solche Körbe mit Loch in
der Mitte aufeinander, auf einen Stab gespießt, und von oben wird
dann gepresst. 7-8 Mann sind an dem Prozess beteiligt, der ca. 4
Stunden dauert. Aber stolz zeigt man uns auch eine neue italienische
Maschine, die das Ganze in einer halben Stunde und mit nur einer
Arbeitskraft bewältigt. So viel zu den Arbeitsplätzen in der
Landwirtschaft …
Metallene Korbringe (rechts), die voller Olivenpaste auf den Stab des Presswagens aufgespießt werden |
Wir bekommen verschiedene Öle zum
Probieren vorgesetzt, aber auch sehr leckere Olivenpaste und eine
Paste aus getrockneten Tomaten. Hier kaufen auch wir etwas ein und
fahren dann, leicht angetrunken, zurück in die Stadt, um den Rest
des Sylvestertages zu verschlafen.
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